Eine Familiengeschichte zwischen Kaiser Wilhelm II., Hindenburg, Ludendorff und Hitler
- Ein neu bekannt gewordener Brief Erich Ludendorffs aus dem Jahr 1926 wirft Fragen auf
"Gebot über allen Geboten:
Deutschland, wahre die Ehre!"
(Exzellenz Friedrich von Berg,
vormaliger Oberpräsident Ostpreußens,
im Jahr 1923)
Der Name Friedrich von Berg (1866-1939) (Wiki, Bundesarchiv)
(1, 2) sagt heute nur noch Fachleuten etwas. Fachleuten für die
Geschichte Ostpreußens oder Fachleuten für die Geschichte des Ersten
Weltkrieges. Auch dem Autor dieser Zeilen war dieser Name bis vor
wenigen Tagen nicht bekannt. Dabei hatte Friedrich von Berg in
Ostpreußen und darüber hinaus zu seinen Lebzeiten einen durchaus
bekannten Namen. In Ostpreußen galt er nur als "Exzellenz von Berg". Er
war Oberpräsident Ostpreußens während des Ersten Weltkrieges und er war
persönlicher politischer Berater Kaiser Wilhelms II. (1859-1941) (Wiki)
in den entscheidenden Kriegsjahren 1917 und 1918. Dabei unterstützte er
entschieden die Politik Hindenburgs und Ludendorffs. Auch bis 1933
blieb er ein entschiedener Unterstützer sowohl Hindenburgs wie der
Hohenzollern. Deshalb wurde sein Gut Markienen bei Bartenstein in
Ostpreußen zu seinen Lebzeiten immer wieder zum Anlaufpunkt für viele
Menschen (Ostpreußen):
In
der Kaiserzeit und während der Weimarer Republik war Markienen wegen
des hochangesehenen Besitzers Friedrich von Berg Besuchsziel vieler
Prominenter. Das Kronprinzenpaar war öfter hier, auch Reichspräsident v.
Hindenburg und die Generale v. Mackensen, v. Seekt und v. Fritsch.
Eine
Beschäftigung mit dem Leben dieses Friedrich von Berg gewährt den Blick in eine seltsam ferne Welt. Man erhält den Blick auf einen Teil der preußischen Geschichte und der Geschichte des deutschen Kaiserhauses, sowie "stockkonservativer" preussischer Adelsfamilie, die einem heute noch ferner liegen als viele sowieso schon viele ferne Teile der deutschen und insbesondere ostdeutschen Geschichte. Aber diese Teile helfen, sehr wesentliche
geschichtliche Vorgänge und Entwicklungen der Jahre zwischen etwa 1903 und 1933 besser verstehen und einordnen zu können.
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Abb. 1: Exzellenz Friedrich von Berg (1866-1939), Oberpräsident Ostpreußens,
enger Mitarbeiter des Kaisers, sowie der Söhne und Enkel des Kaisers |
Soeben
wird ein handgeschriebenes Beleidsschreiben Erich Ludendorffs aus dem
Jahr 1926 bekannt (siehe unten), womöglich oder offenbar geschrieben aus
Anlaß
des Todes eines Bruders von Friedrich von Berg. Dieses Schreiben wirft
für den Geschichtsinteressierten viele neue Fragen auf. Fragen
hinsichtlich der Geschichte der Familie von Berg auf Gut Markienen bei
Bartenstein, sowie Fragen, in welche Art von Berührung Friedrich von
Berg - und damit offenbar auch der ihm nahestehende deutsche Kronprinz
Wilhelm (1882-1951) (Wiki) und dessen Sohn Wilhelm (1906-1940) (Wiki)
- der völkischen Bewegung ihrer Zeit in Ostpreußen und in Königsberg
gekommen sind, und weshalb deshalb in diesem Umfeld spätestens 1931 der
Freimaurerkampf, für den Erich Ludendorff seit 1927 bekannt geworden
ist, sehr positive Erwähung finden konnte von Seiten des Enkels und
hoffnungsreichen Thronfolgers von Kaiser Wilhelm II., ein Umstand, auf
den auch schon in einem früheren Beitrag hier auf dem Blog hingewiesen
worden ist (3).
August 1914 - Friedrich von Berg erlebt den Russen-Einfall in Ostpreußen
Es
sei aber zunächst mit dem Jahr 1914 begonnen. Das Schicksal
Deutschlands während des Ersten Weltkrieges hat die
Menschen tief aufgewühlt. In keiner anderen deutschen Provinz waren so
viele leidvolle Erfahrungen gesammelt worden wie in Ostpreußen. Sowohl
während des Krieges wie auch in der Zeit der Abstimmungskämpfe danach,
sowie in der Zeit des Lebens mit dem sogenannten "Korridor", als
Ostpreußen vom übrigen Reich durch polnisch gewordenes Staatsgebiet
abgetrennt worden war, ein Umstand, der auch niemals von dem
Ministerpräsidenten Preußens, dem Sozialdemokraten Otto Braun, anerkannt
worden ist.
Zu diesen Schicksalen gehört, daß beispielsweise auch das Gutshaus des
Landeshauptmanns von Ostpreußen, des eingangs genannten Friedrich von Berg, 1914 von den Russen geplündert worden ist (Ostpreußen).
Friedrich von Berg selbst wurde in diesem Jahr zum "Staatskommissar für
das
Flüchtlingswesen" ernannt. Einen solchen gab es also schon im Jahr 1914
(1). Welch ein Aufatmen ging zunächst durch Ostpreußen, als
Ende August 1914 die Schlacht von Tannenberg geschlagen war. Sicherlich
spätestens seit dieser
Schlacht war der Landeshauptmann von Ostpreußen, Friedrich von Berg,
zu einem bedingungslosen Anhänger des Feldherrn-Gespanns Hindenburg und
Ludendorff geworden so wie er
zuvor schon als ein entschiedener, das heißt "streng konservativer"
Vertreter des monarchischen Gedankens
galt.
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Abb. 2: Das Gutshaus Markienen bei Bartenstein in Ostpreußen (vor 1945)
Hier weilten das Kronprinzenpaar, Hindenburg, sowie die Generäle Mackensen, Seeckt und Fritsch oft zu Besuch |
Friedrich von Berg war fast
gleichen Jahrgangs wie Erich Ludendorff. Er war ein Studienfreund und
Korpsbruder des deutschen Kaisers Wilhelms II.. 1903 war Friedrich von
Berg Landrat des Kreises Goldap in Ostpreußen geworden und war als
solcher wieder häufiger in persönliche Berührung mit dem Kaiser und
dessen Familie gekommen, nämlich immer dann, wenn diese in Rominten zur
Elchjagd weilten. 1906 war Friedrich von Berg in das Zivilkabinett des
Kaisers gekommen, 1909 war er dann Landeshauptmann von Ostpreußen
geworden, also Chef der Provinzialverwaltung von Ostpreußen.
Als
dieser Landeshauptmann erlebte er dann 1914 die Invasion Ostpreußens
durch die Russen. Seit der Befreiung Ostpreußens durch die Schlacht von
Tannenberg unterhielt Friedrich von Berg ein enges Vertrauensverhältnis
zu Hindenburg und Ludendorff (4, S. 270).
Juni 1917/Januar 1918 - Friedrich von Berg wirkt mit am Sturz Bethmann-Hollwegs und Valentini's
Im
Jahr 1917 war der deutschen Reichskanzler von Bethmann-Hollweg von
immer mehr Menschen als untragbar für die deutsche Politik erachtet
worden, insbesondere auch von Hindenburg und Ludendorff. Sie wußten von
der Einstellung Friedrichs von Berg in diesen Fragen und luden ihn
deshalb im Juni 1917 ins Hauptquartier nach Bad Kreuznach (4, S. 270):
Am
24. Juni versuchte er den Kaiser fast anderthalb geschlagene Stunden
lang auf der Terrasse des Schloßhofs zu Bad Homburg, wo der Kaiser
residierte, von der Notwendigkeit eines Kanzlerwechsels zu überzeugen.
Bis dahin hatte noch kein Kanzlergegner ein derartig offenes Gespräch
mit Wilhelm II. in der Causa Bethmann Hollweg führen können.
Friedrich
von Berg führte aus, daß Bethmann-Hollwegs Abgang von allen Patrioten
gefordert würde (5, S. 322). Hindenburg berichtete brieflich an seine
Frau, was Friedrich von Berg ausgeführt hatte (zit. n. 2, S. 271):
Nicht
die Konservativen allein wären gegen den Kanzler, sondern der größte
Teil der Mitglieder aller Parteien, denen seine Schwäche und Unfähigkeit
Sorgen für die Zukunft bereitet.
Ludendorff hat
spätestens seit 1927 intensiv über die Rolle der Freimaurerei in der
Politik publiziert, wobei er auch voraussetzte, daß Bethmann-Hollweg
Freimaurer-Bruder gewesen wäre. Über diesen schrieb Ludendorff 1928 (7,
S. 142):
Sein "Defaitismus" (...) zwang
Br. von Bethmann, endlich den Posten als Reichskanzler zu verlassen,
nachdem er schnell noch einen neuen Erlaß des Kaisers über die Änderung
des Wahlrechts in Preußen herbeigeführt hatte. Ich hatte erklärt, nicht
länger mit dem Reichskanzler zusammenarbeiten zu können. Leider hielt
ich ihn damals auch nur für "defaitistisch", noch nicht für einen
ausgesprochenen, bewußten Verderber der Deutschen.
Zu
den "Hinterlassenschaften" Bethmann-Hollwegs in der deutschen Politik
gehörte der Chef des Zivilkabinetts des Kaisers, Rudolf von Valentini
(1855-1925) (Wiki)
(2, S. 310-313). Dieser hat unglaublich viel Einfluß auf die
wesentlichsten Personalentscheidungen des Kaiserreiches ausgeübt, schon
im Jahr 1914. Er war gleichgestellt dem Chef des Militärkabinetts Moriz
von Lyncker (1853-1932) (Wiki) und dem Chef des Marinekabinetts Georg von Müller (1854-1940) (Wiki).
Friedrich von Berg schreibt in seinen 1920 handschriftlich
niedergelegten, 1971 veröffentlichten Erinnerungen über das (2, S. 55):
merkwürdige
Phänomen, daß nicht, wie man angesichts der Rolle des Militärs im
Kriege hätte erwarten können, das Militärkabinett eine dominierende
Stellung gegenüber dem Zivilkabinett einnahm, sondern daß der Chef des
Zivilkabinetts, gestützt auf seine Vertrauensstellung beim Kaiser und
seine engen Kontakte zu Hindenburg und Ludendorff, in Bereiche eingriff,
die eigentlich in das Militärressort fielen.
Schon
sehr früh hat der deutsche Kronprinz sich bei seinem Vater für die
Entlassung auch von Valentini's eingesetzt - im Einklang mit Ludendorff.
Der Kronprinz wurde dabei von der Kaiserin unterstützt. Der Vater
setzte einer Entlassung Valentini's, mit dem er Jahre lang
vertrauensvoll zusammen gearbeitet hatte, Widerstand entgegen (2, S.
48):
Als seinen Nachfolger hatten
Hindenburg und Ludendorff, wie auch der Kronprinz, von vornherein den
Oberpräsidenten von Ostpreußen, v. Berg, ins Auge gefaßt. Nachdem ein
zweitätiger Besuch des Kaisers in Ostpreußen, bei dem er er sich unter
Führung des Oberpräsidenten über die Wiederaufbauarbeiten unterrichtete,
eine neue und wie sich herausstellte, geglückte Chance geboten hatte,
die Gunst des Kaisers für Berg zu gewinnen,
verlangte
Hindenburg am 14. Januar 1918 im persönlichen Gespräch mit dem
Kaiser die Entlassung Valentini's. Denn dieser stünde für den "Linkskurs
der Regierung". Der Kaiser fügte sich, begrüßte von Berg aber am 16.
Januar 1918 mit den unwirschen und mürrischen Worten (zit. n. 2, S.
313):
Man hat mir befohlen, Dich zum Chef des Zivilkabinetts zu machen.
Es ist zu erfahren (2, S. 38):
Für den Monarchen selber war Friedrich v. Berg
nicht einfach nur ein treuer Untergebener, auch wenn er etwas
großsprecherisch behauptete, er "wird tun, was ich ihm sage", sondern
sein persönlicher Vertrauter, den er mit dem vertraulichen Du und
"Monzi" anredete. Einer ähnlichen Wertschätzung erfreute sich der
Kabinettschef auch bei den beiden Feldherren an der Spitze der 3. OHL,
von denen insbesondere Hindenburg große Stücke auf ihn hielt.
von Berg schreibt über die Folgezeit in seinen Erinnerungen (2, S. 104):
Das
Leben gestaltete sich im allgemeinen in Homburg ganz harmonisch. Durch
den Fortgang von Valentini war eine gewisse Koalition gesprengt. Müller
fühlte sich vereinsamt und lebte eigentlich ganz für sich. Unterstützung
fand er nur in dem Geh. Legationsrat v. Grünau, Vertreter des
Auswärtigen Amts.
Es folgte die große deutsche
Frühjahrsoffensive im Westen unter Ludendorffs Führung. Nach größten
Anstrengungen brachte sie nicht den erhofften Durchbruch. Mitte Juli
waren die letzten militärischen Kräfte deutscherseits für
Angriffshandlungen aufgebraucht, während sich gleichzeitig die
Kriegsgegner mit frischen US-amerikanischen Truppen ständig verstärkten.
September 1918 - Friedrich von Berg rät Ludendorff, das Reichskanzleramt zu übernehmen
Friedrich
von Berg nahm als Chef des Zivilkabinetts an der Lagebesprechung vom
22. Juli 1918 teil. Über diese hielt er in seinem Tagebuch fest (5, S.
440):
Es war klar, daß wir einen
entscheidenden Sieg nicht mehr erringen konnten. Es kam jetzt nur darauf
an, die heftigen Angriffe der Feinde abzuwehren.
So
hatte es Ludendorff also schon am 22. Juli 1918 dargestellt. Der 8.
August 1918 brachte dann den auch von Ludendorff so gekennzeichneten
"schwarzen Tag des deutschen Heeres". Es ging nun auch Ludendorff darum,
ein Waffenstillstandsangebot zu machen, bei dem dem Kriegsgegner mehr
Zugeständnisse gemacht werden müßten als die deutsche Reichsführung bis
dahin bereit gewesen war zu machen. Zur Bewertung von
Ludendorffs Handeln in dieser Zeit ringt sich die deutsche
Geschichtswissenschaft gerade - mit dem Historiker Gerd Krumeich - zu
differenzierteren und sachlicheren Urteilen durch als sie diese
Jahrzehnte lang vertreten hat (7). Aber das soll an dieser Stelle nicht
im einzelnen dargestellt und erörtert werden.
Friedrich
von Berg war bei der Besprechung im Großen Hauptquartier in Spa am 13.
August 1918 anwesend (5, S. 446). Und er berichtet von der Reaktion des
Kaisers auf Ludendorffs Rückzugsbefehle am 2. September 1918. Der
Ludendorff-Biograph Manfred Nebelin hält darüber anhand der
Aufzeichnungen Friedrichs von Berg fest (5, S. 452f):
Die
Nachricht versetzte ihm einen derartigen Schock, daß er sich "in
völliger Apathie" sogleich zu Bett begeben mußte. Nur mit viel
Überredungskunst und dem Argument: "Wir können zwar den Sieg im Felde
nicht mehr erringen, aber wir brauchen deshalb den Krieg nicht zu
verlieren," gelang es der Kaiserin und Major Niemann zwei Tage später,
Wilhelm II. neuen Mut einzuflößen und ihn zu bewegen, am Nachmittag des
4. September die Dienstgeschäfte wieder aufzunehmen, wenn auch - wie der
Chef des Zivilkabinetts vermerkte - nur "leidlich teilnehmend". Berg
dürfte sich dadurch veranlaßt gesehen haben, an Besucher, die - wie etwa
der mit Wilhelm II. befreundete Reeder Albert Ballin - den Monarchen zu
einer raschen Beendigung des Krieges drängen wollten, die Mahnung zu
richten, "man dürfe den Kaiser nicht zu pessimistisch machen".
Auch
den Rücktritt des Reichskanzlers Graf Hertling erlebte Friedrich von
Berg am 29. September 1918 mit (5, S. 464). von Berg machte Ludendorff
dann den Vorschlag, selbst die Reichskanzlerschaft zu übernehmen, ein
Vorschlag, der Ludendorff schon ein Jahr zuvor von anderer Seite gemacht
worden war. Ludendorff aber lehnte ab. Seine Begründung war, die
Berufung eines Soldaten zum Reichskanzler
sei in einem Moment, wo das Heer zurückgehen müsse, für das Volk eine zu große Zumutung.
So
halten es die Aufzeichnungen von Bergs fest (5, S. 464). Es drängt sich
hier fast ein wenig der Gedanke auf, ob nicht Friedrich von Berg selbst
Reichskanzler hätte werden können, und ob er das nicht auch selbst im
Hinterkopf hätte haben können. Als nun der liberale Prinz Max von Baden
Reichskanzler wurde, verurteilte von Berg denselben als
"linksgerichtet", als "Wegbereiter des Bolschewismus" (1) und legte als
überzeugter Monarchist sein Amt nieder. Es wird hier deutlich: Die
Perspektive Friedrichs von Berg auf die damalige Politik ergänzt sehr
wesentlich die Sichtweisen, die man sonst in den Geschichtsbüchern
liest. Hätte sich nicht auch Ludendorff für eine Reichskanzlerschaft
Friedrichs von Berg stark machen können? Was hätte gegen eine solche
gesprochen?
Richard von Kühlmann (1873-1948) (Wiki),
der als ausgesprochener Gegenspieler Ludendorffs im Auswärtigen
Amt schon im Juni 1918 hatte zurücktreten müssen, bezeichnete
Friedrich von Berg als "Totengräber der Monarchie" (s. Wiki).
Ob sein Urteil Bestand hat, muß einstweilen dahin stehen. Man könnte
vielmehr auch zu dem Urteil kommen: Wer so scharf von einem Richard von
Kühlmann verurteilt wurde, an dem könnte doch auch etwas dran gewesen
sein. Auf Wikipedia ist über Friedrich von Berg festgehalten (Wiki):
Bei
seiner extrem konservativen Weltanschauung unterschied sich Berg in
allen wesentlichen Fragen von seinem Corpsbruder Adolf Tortilowicz von
Batocki-Friebe. So nahe er dem Kaiser über seinen Vater, das Corps und
die Jagd in Rominten stand, so klar sah er die Schwächen Wilhelms II. "Wenn v. Berg den Kaiser trotzdem in seinem Sinne, dem starren
Festhalten an der monarchischen Prärogative, am unbedingten Durchhalten
gegen die feindliche Übermacht und die revolutionären Kräfte im Lande,
zu steuern versuchte, so offenbar in der Vorstellung, daß er, Berg,
berufen sei, den Monarchen vom Wege der ‚Ehre und Würde‘ der Monarchie,
wie er sie sah, nicht abweichen zu lassen."
(Potthoff, v. d. Groeben, 1993, S. 165 ff.).
1919 - Friedrich von Berg empfiehlt Hindenburg für die Reichspräsidentenschaft
Seit
dem Frühjahr 1919 war die Provinz Ostpreußen abgetrennt vom übrigen
Deutschen Reich. Und die Ostpreußen erlebten es fast täglich, wie der
neue polnische Staat in Front gebracht wurde gegen Deutschland und wie
einflußreiche polnische Politiker nicht nur Danzig, die Provinzen Posen,
Westpreußen und Oberschlesien, sondern auch Ostpreußen und Pommern für
den neuen Staat Polen forderten. Über Friedrich von Berg ist in dieser
Zeit zu erfahren (Wiki):
Nach
seinem Abschied aus Berlin ging Berg zurück nach Ostpreußen. (...) 1920
(...) wurde er Erster Vorsitzender (Adelsmarschall) der Deutschen
Adelsgenossenschaft, ein Amt, das er bis 1932 ausübte.
Schon
im Sommer 1919 war von vielen Seiten her der Gedanke aufgekommen, daß
Hindenburg als Kandidat für die Reichspräsidenten-Wahl aufgestellt
werden sollte (4, S. 443ff). Um 1919/20 bekam Hindenburg über einen
Briefwechsel mit Friedrich von Berg ein zustimmendes Signal von Seiten
des vormaligen Kaisers in Doorn zu diesen Plänen (4, S. 448). Am 2.
Februar 1920 wurde Hindenburg von Friedrich von Berg außerdem vor der
katholischen Lobby-Arbeit im Reich gewarnt:
Rom ist in Bewegung,
so
schrieb Friedrich von Berg an Hindenburg (2, S. 448, Anm. 25), um einen
katholischen Reichspräsidenten wählen zu lassen, was als Vorläufer
aufgefaßt werden könnte, um die Wittelsbacher zu deutschen Kaisern zu
machen. Dem müsse sich Hindenburg entgegen stellen. Friedrich von Berg
warnte also schon 1919 vor ähnlichen Entwicklungen, vor denen Erich
Ludendorff ab 1923/24 auch in Bayern warnen sollte, worüber er
dortselbst mit dem katholischen Thronfolger Kronprinz Rupprecht in
scharfe Auseinandersetzung kommen sollte.
Im Frühjahr
1920 legte Friedrich von Berg in handschriftlichen Aufzeichnungen seine
Erinnerungen über seine Tätigkeit als Chef des Zivilkabinetts nieder (2,
S. 77). Erst 1971 sind sie veröffentlicht worden (2).
Von
1921 bis 1926 war Friedrich von Berg Leiter der Generalverwaltung des
vormals regierenden preußischen Königshauses und vertrat als
Generalbevollmächtigter der Hohenzollern zusammen mit dem Kaisersohn
August Wilhelm von Preußen das ehemalige Königshaus in den
Auseinandersetzungen mit dem Reich um das Hausvermögen. Er stand also
weiterhin in engster Verbindung zu sicherlich allen Angehörigen der
Kinder von Kaiser Wilhelm II. und seiner Enkel.
Nach
Ludendorffs Entlassung hatte Hindenburg selbst nicht seine Entlassung
gefordert, wie Ludendorff das wie selbstverständlich erwartet hatte,
sondern war geblieben. Und am 9. November 1918 hatte er dem Kaiser zur
Flucht nach Holland geraten, da die deutschen Truppen für seine
Sicherheit nicht mehr bürgen könnten. All diese Umstände ließen nicht
nur in den Augen von Ludendorff ein schlechtes Licht auf Hindenburg
fallen. Aber da er für eine künftige Reichspräsdentenschaft vorgesehen
war, sollte er in der Öffentlichkeit auch nicht in zu schlechtem Licht
stehen.
1922 erschien die Schrift "Der Kaiser am 9. November! Eine Klarstellung nach noch nicht veröffentlichtem Material"
(4, S. 425). Der Kaiser hatte bald nach seiner Flucht nach Holland eine
Niederschrift über die Ereignisse rund um seine Abdankung und seine
"Flucht" nach Holland angefertigt. Diese Niederschrift war auch in den
Besitz von Friedrich von Berg gelangt. Und er gab sie zur
Veröffentlichung weiter. Entgegen den Wünschen des Kaisers wurde in
dieser Veröffentlichung jedoch die Rolle Hindenburgs nicht klar
herausgearbeitet, weil das Ansehen Hindenburgs nicht beschädigt werden
sollte. Welche Rolle Friedrich von Berg dabei spielte, ist zunächst noch
nicht ersichtlich.
Juni 1923 - Friedrich von Berg: "Deutschland, wahre die Ehre!"
Im
Antiquariatshandel ist gegenwärtig ein "Albumblatt" von Friedrich von
Berg angeboten (Abbildung 3). Es ist vom Anbieter offensichtlich falsch
auf das Jahr 1913 datiert, obwohl als Jahreszahl deutlich genug 1923 zu
lesen ist, worauf auch viel besser der kurze und knappe Inhalt des
Albumblattes paßt.
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Abb. 3: "Deutschland, wahre die Ehre!"
Albumblatt "v. Berg Markienen"
(Herkunft: Zvab, März 2018) |
Sein Wortlaut:
Gebot über allen Geboten:
Deutschland, wahre die Ehre!
8. Juni 23 v. Berg-Markienen
In dem Albumblatt tut sich der Geist der damaligen Zeit kund.
April 1924 - Zehn Prozent für die Deutschvölkische Freiheitspartei in Ostpreußen
Dieser
Friedrich von Berg nun scheint einen Bruder gehabt zu haben, der drei
Jahre später, im Dezember 1926 starb, und der sich im Umfeld der
damaligen völkischen Bewegung in Ostpreußen bewegte, sprich, im Umfeld
der damaligen Deutschvölkischen Freiheitspartei. Wahrscheinlich war
dieser Bruder sogar Mitglied der Deutschvölkischen Freiheitspartei.
Diese
"Deutschvölkische Freiheitspartei", die in Norddeutschland unter der
Führung von Albrecht von Gräfe - und zugleich in guter Verbindung mit Ludendorff in
München - stand, erhielt bei den Reichstagswahlen im Frühjahr 1924 in
Ostpreußen über zehn Prozent der Stimmen (8).
Hindenburg
und Ludendorff wurden im August 1924 in Ostpreußen zur Feier des
zehnten Jahrestages der Schlacht von Tannenberg erwartet. Ludendorff
selbst war vor den geplanten Feierlichkeiten in Königsberg und auf dem
Schlachtfeld bei Osterode zunächst zu einem "Ostpreußentag" nach Tilsit
im Memelland gefahren, und zwar am 24. und 25. August 1924. In seinen
Lebenserinnerungen berichtet er weiter (9, S. 355):
Am
26. ging es dann weiter durch das Samland nach Königsberg. (...) In
Königsberg wohnte ich bei der Familie Döring. Herr und Frau Döring
standen an der Spitze der Deutschvölkischen Freiheitpartei in Königsberg
und nahmen mich gastlich auf.*)
 |
Abb. 4: Beileidsschreiben Ludendorffs an Frau Vonberg in Bartenstein, Dezember 1926
(Herkunft: Ebay, März 2018) |
Und dieses Ehepaar Döring in Königsberg
scheint auch im Dezember 1926 in einem handgeschriebenen
Beileidsschreiben Ludendorffs eingangs erwähnt zu werden, das jüngst
bekannt geworden ist (Herkunft: Ebay, März 2018). Sein Briefumschlag ist
nun interessanterweise adressiert an eine "Frau Käthe Vonberg,
Bartenstein". Von der Anbieterin wird der Brief aufgrund des Datums im
Poststempel auf der Briefmarke ("27 DEZ 26.") auf das Jahr 1926
datiert.**) (Da ausgerechnet hinter der 26 ein Punkt ist, könnte das
Datum theoretisch natürlich auch gelesen werden als "26. Dezember 1927".
Da müßte uns ein Briefmarken-Kenner einmal aufklären.) Die
handgeschriebene Jahreszahl im Brief selbst ist von Erich Ludendorff
sehr undeutlich geschrieben, aber vielleicht soll es sich ja bei ihr
auch um eine "26" handeln. Der Brieftext (soweit erkennbar):
München, den 27. 12. 1926 (?)
Sehr geehrte Frau Vonberg!
Hauptmann
Döring sandte mir Ihre Anzeige über das plötzliche Ableben Ihres Herrn
Gemahls. Auch ich möchte da nicht unter den wärmstens Anteilnehmenden
fehlen und Ihnen mein herzlichstes Beileid zu dem schweren Verlust
aussprechen, den aber nicht nur Sie und die Kinder, sondern wir
Völkische in unserer Gesamtheit erlitten haben.
Ihr Ludendorff
Der
Name "Vonberg" ist zunächst auffallend geschrieben. Hat der hier
anzunehmende Bruder Friedrich von Bergs als Angehöriger der völkischen
Bewegung auf den Adelstitel sozusagen verzichten wollen und deshalb
seinen Familiennamen "von Berg" zu "Vonberg" zusammen gezogen? Ähnliches
ist ja auch bei vielen anderen Familiennamen zu beobachten. (Erinnert
sei etwa an den verdienten deutschen Anthropologen Andreas Vonderach
[geb. 1964] [Wiki],
dessen Familienname ursprünglich "von der Ach" lautete.) Da als Adresse
"Bartenstein" angegeben ist, ist es immerhin mehr als nahe liegend zu
vermuten, daß es sich um einen Bruder des genannten Friedrich von Berg
handelt, bzw. bei Käthe Vonberg um dessen Schwägerin. Es kann sogar
weiterhin gemutmaßt werden, daß dieser Bruder in einem gewissen
politischen Spannungsverhältnis zu Friedrich von Berg gestanden haben
könnte. Mehrmals deutet sich an, daß Friedrich von Berg damals als
konservativer Monarchist in Gegnerschaft zu den "Völkischen" stand. Aber
das sind nur Mutmaßungen.
Dem Tenor dieses Briefes darf man entnehmen, daß Ludendorff mit diesem
Bruder persönlich nicht in engere Berührung gekommen ist, sondern
höchstens flüchtig. (Und um es erwähnt zu haben: Ludendorff konnte ja zum
Ableben des bisher hier behandelten Friedrich von Berg im Jahr 1939
keinen Beileidsbrief mehr senden, da er selbst schon 1937 gestorben war.
Auch scheint ja doch Friedrich von Berg nicht jene politisch völkische
Einstellung gehabt zu haben, die in dem Beileidsschreiben von Ludendorff
bei dem Gestorbenen voraus gesetzt wird.)
Von der Anbieterin dieses Briefes (Abb. 4) wurde auch eine signierte, ansonsten
gedruckte Dankeskarte angeboten, die Erich Ludendorff im April -
sicherlich als Dank für Geburtstagswünsche - versandte (Abb. 5). Sie
stammte aus demselben Familiennachlaß und es ist anzunehmen, daß sie
ebenfalls an diesen Bruder Friedrichs von Berg gerichtet war.
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Abb. 5: Gedruckte Dankeskarte, München, April 1926 (oder 1924?)
(Herkunft: Ebay, Februar 2018) |
Da auch hier die Jahreszahl ähnlich wie im
zuvor behandelten Brief geschrieben ist, könnte angenommen werden, daß
auch diese Dankeskarte aus dem Jahr 1926 stammt. Ansonsten hätte man
auch hier eher "1924" angenommen.
Alles in allem wird
man also schlußfolgern müssen, daß Friedrich von Berg noch einen Bruder
hatte, der mit der genannten Frau Käthe Vonberg verheiratet war, daß sie
beide Kinder hatten, und daß sich das Ehepaar im Umfeld der
Deutschvölkischen Freiheitspartei in Ostpreußen bewegte, vermutlich
sogar Mitglied dieser Partei war, daß es sich zu den Verehrern und
Anhängern Erich Ludendorffs rechnete auch noch in einer Zeit - 1926, in
der Erich Ludendorff nur noch wenige Anhänger hatte, und daß dieser
Bruder im Dezember 1926 gestorben ist. Entweder wohnte er mit Frau und
Kindern ebenfalls auf dem Gut seines Vaters Markienen bei Bartenstein
oder in der nahe gelegenen Stadt Bartenstein selbst.
Das
genannte Ehepaar Döring in Königsberg könnte sich auch weiterhin im
Umfeld der Familie von Berg bewegt haben, und zwar auch im Umfeld
Friedrichs von Berg, der sich hinwiederum ja im Umfeld der Kaisersöhne
und -enkel bewegte. Dazu wird gleich noch ein deutlicher Hinweis gegeben
werden.
Friedrich von Berg selbst blieb ja auch in den
Folgejahren mit Hindenburg in persönlicher
Verbindung. Er besuchte ihn etwa 1930 auf Gut Neudeck in Ostpreußen (4,
S. 603) und auch Hindenburg scheint ja (siehe Zitat oben) von Berg auf
Gut Markienen besucht zu haben, ebenso wie das Kronprinzenpaar.
1931 - Der Hohenzollern-Prinz Wilhelm über Ludendorffs Freimaurer-Kampf in Königsberg
1957
nun erhielt Mathilde Ludendorff ausgerechnet von einer Frau L. Döring
(inzwischen wohnhaft in Hann. Münden) Mitteilungen über das Verhältnis
Kaiser Wilhelms II. zur Freimaurerei (3). Sie berichtete darüber in
ihrer Zeitschrift "Quell" (10) (Hervorhebung nicht im Original):
Ende
Juni erhielt ich eine Nachricht, die mir sehr lieb ist. Herr Walter
Kahlewey, der in der Schlacht bei Tannenberg das Augenlicht verloren hat
und später mit dem Feldherrn in Freimaurerangelegenheiten eng
zusammengearbeitet hat, sandte einen Brief, den Frau L. Döring, Hann.
Münden geschrieben hat. In ihm berichtet sie über die Wirkung, die das
Werk des Feldherrn "Vernichtung der Freimaurerei" auf Kaiser Wilhelm in
Doorn gemacht hat. Ich möchte diese Worte im Wortlaut unseren Lesern
bekannt geben:
"Prinz
Wilhelm, der älteste Sohn des Kronprinzen, sagte mir 1931 in
Königsberg, daß dieses Werk des General Ludendorff den Kaiser in Doorn
tief erschüttert habe. Mit diesem Werk habe sich Ludendorff wieder
unsterblich gemacht."
Prinz Wilhelm fiel im Frankreich-Feldzug 1940.
Das
heißt also, die genannte Frau L. Döring sprach 1931 in Königsberg mit
dem Prinzen Wilhelm. Und es ist naheliegend anzunehmen, daß das Gespräch
deshalb auf Ludendorffs Freimaurerkampf kam, weil das Ehepaar Döring
eben schon 1924 zu den Anhängern Erich Ludendorffs gehörte. Und aus
diesen Worten dürfte weiterhin hervorgehen, daß nicht nur der letzte
Kaiser und sein ältester Sohn, sondern auch der älteste Enkelsohn des
letzten Kaisers, der Prinz Wilhelm viel Anteil genommen hat an dem Kampf
Erich Ludendorffs gegen die Freimaurerei. Mathilde Ludendorff schrieb
1957 weiter über den Dezember 1937, als Erich Ludendorff starb (10):
Wenn
ich bedenke, wie sehr des Kaisers Brief an den sterbenden Feldherrn ihm
damals eine Freude war, so erfahre ich jetzt in tiefer Freude, daß das
Werk "Vernichtung der Freimaurerei" dem Kaiser offenbar die Augen über
die Urheber des Zusammenbruchs trotz aller Siege des Feldherrn geöffnet
hat. Hiermit ist es auch geklärt, weshalb der Kronprinz bei seinem
Besuche in unserem Hause anläßlich des 70. Geburtstages des Feldherrn so
voll überzeugt war von der Gefahr der überstaatlichen Mächte und
deshalb auch - nach dem Hohenzollern-Rechte hierzu befugt - seinen
Söhnen verboten hatte, in die Loge einzutreten.
In den gleichen Zeitraum wird fallen, worüber Mathilde Ludendorff ein Jahr später in derselben Zeitschrift berichtete (3):
Prinz
Wilhelm, der älteste Sohn des Kronprinzen, der in Frankreich im 2.
Weltkrieg an der Front gefallen ist, antwortete im kleinen Kreise, als
gesagt wurde, daß die ganze Öffentlichkeit General Ludendorff nun
totschwiege, seit er den Kampf gegen die Freimaurerei aufgenommen habe:
"Die Welt habe von Ludendorffs Buch 'Vernichtung der Freimaurerei' usw.
mit Entsetzen Kenntnis genommen. Ludendorff habe das große Verdienst,
daß er diese Veröffentlichungen mit seinem unsterblichen historischen
Namen gemacht habe."
Es ist auffallend, daß Mathilde
Ludendorff die Mitteilungen der Frau L. Döring nur über einen dritten
erhielt. Man könnte mutmaßen, daß das Ehepaar Döring in Königsberg den
Weg weg vom Christentum, den Erich Ludendorff nach 1926 eingeschlagen
hat, nicht mit gemacht hat, daß das Ehepaar sich aber im Umfeld der
Familie von Berg bewegte, in der es auch auf den Prinzen Wilhelm 1931
gestoßen sein wird.
Jedenfalls wird man durch das neu
bekannt gewordene Beileidsschreiben Erich Ludendorffs aus dem Dezember
1926 auf eine ganze Menge von neuen möglichen, bzw. sich andeutenden
Zusammenhängen verwiesen, deren sich selbst Fachleute bislang nicht
bewußt gewesen sein dürften, und die den Eindruck machen als ob es
lohnend sein könnte, ihnen weiter nachzugehen.
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Abb. 6: Der vormalige Kaiser Wilhelm II. (Mitte) mit seinem ältesten Sohn Kronprinz Wilhelm (links) und dessen Sohn Prinz Wilhelm (rechts) - Doorn in den Niederlanden, 1927 |
Mai 1933 - Friedrich von Berg setzt sich bei Hitler für die Wiederherstellung der Hohenzollern-Monarchie ein
Friedrich
von Berg blieb auch nach 1931 weiterhin im engen Einvernehmen mit dem
ehemaligen Kaiser, seinem ältesten Sohn und - vermutlich - dessen
ältesten Sohn. Am 6. Februar 1932 veröffentlichte Friedrich von Berg als
erster Vorsitzender der deutschen Adelsgenossenschaft eine Kundgebung,
in der Hindenburg zur erneuten Kandidatur für das Reichspräsidentenamt
aufgefordert wurde (Wiki). Weiter wird berichtet (4, S. 664):
Nach
der Annahme der Kandidatur stellte sich jedoch heraus, daß Friedrich
von Berg diesen Vorstoß auf eigene Faust unternommen hatte, weshalb er
unter schweren innerverbandlichen Beschuß geriet. Am 17. Februar mußte
er den Vorsitz der Adelsgenossenschaft niederlegen, was zum Ausdruck
brachte, wie sehr gerade jüngere Adlige sich von dem klassischen
Adelsverständnis abgewandt hatten und mit einer völkischen Definition
von Adel liebäugelten.
Womöglich handelte es sich um
solche Adlige, die - wie der Bruder von Bergs - ihren Namen von von Berg
auf Vonberg umbenannten. Auf Wikipedia heißt es dazu (Wiki):
Seine monarchische Fraktion konnte sich nicht gegen die völkische
durchsetzen. (...) Nach 1932 zog sich Berg aus dem öffentlichen Leben
zurück. Er verstarb 1939 auf seinem Gut in Markienen.
Nun,
so ganz richtig ist Wikipedia noch nicht diesbezüglich informiert. Denn
noch am 9. Mai 1933 sprach Friedrich von Berg persönlich bei Adolf
Hitler vor in Sachen Wiederherstellung der Hohenzollern-Monarchie.
Hitler erklärte, daß es dafür noch zu früh sei. Er arbeite auf diese
jedoch als Abschluß seines politischen Wirkens hin (4, S. 840). Wie
ehrlich es Hitler damit meinte, steht natürlich dahin. Vermutlich
handelte es sich hierbei nur um eine taktische, hinhaltende Äußerung.
Für die Wiederherstellung der Hohenzollern-Monarchie wäre jedenfalls der
deutsche Kronprinz bereit gestanden, ebenso sein Sohn, der erst ein
Jahr zuvor in Königsberg gesprächsweise die Erschütterung seines
Großvaters über Ludendorffs Freimaurer-Kampf erwähnt hatte.
Insofern
hätte damals die Wiederaufrichtung der Hohenzollern-Monarchie - als
Alternative zum "Dritten Reich" - ein Segen für Deutschland sein können.
Gerade auch der junge Prinz Wilhelm wurde von vielen Menschen als
politisch hoch befähigt erachtet.
Das Leben und Wirken
des Friedrichs von Berg - sowie gegebenenfalls das seines uns namentlich
noch nicht bekannt gewordenen Bruders - machen verständlicher, in
welchem Rahmen politischen Denkens und Handelns sich auch dasjenige
Erich Ludendorffs zwischen 1917 und 1933 bewegte. Auch Erich Ludendorff
hielt ja bis an sein Lebensende engen Kontakt zum deutschen Kronprinzen
und verfolgte auch das Schicksal von dessen Sohn mit großer
Aufmerksamkeit weiter (3). Durch das neu bekannt gewordene
Beileidsschreiben Erich Ludendorffs aus dem Jahr 1926 fällt also viel
Licht auf Zusammenhänge, deren man sich ohne diese neue Quelle nicht
leicht hätte bewußt werden können.
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*) Er schreibt weiter:
In der Veranstaltung in der Stadthalle
sprachen außer mir der Forstmeister Gieseler aus Taberbrück nördlich
Osterode, der die Deutschvölkische Freiheitpartei der Provinz leitete,
und Hauptmann Röhm, der sich in meiner Begleitung befand. Auch diese
Feier war von hohem Schwunge getragen.
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Abb. 7: Datum des Poststempels |
**) Der Poststempel auf der Briefmarke des Briefumschlags: Abb. 7.
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- Friedrich von Berg-Markienen, geb. in Markienen/Ostpreußen 20.11.1866, † ebenda 9.3.1939. Auf: http://eisenbahn-gumbinnen-goldap.de/gumbinnen/planung-und-bau/3/
(nach: Nils Köhler und Rüdiger Möller: „Die Nordmark helfe der Ostmark”
Ostpreußische Kriegsflüchtlinge in Norderdithmarschen während des
Ersten Weltkrieges Demokratische Geschichte, Band 14, S. 111-138)
- Heinrich Potthoff (Bearb.): Friedrich von Berg als Chef des Geheimen
Zivilkabinetts 1918. Erinnerungen aus seinem Nachlaß. Droste Verlag,
Düsseldorf 1971 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der
politischen Parteien Erste Reihe Bd. 7) (Gb)
- Bading, Ingo: Der deutsche Kronprinz - Begeistert von der Philosophie
Mathilde Ludendorffs ... Und mit Vater und Sohn nicht nur ein Verehrer
Erich Ludendorffs, sondern begeistert von dessen Freimaurer-Kampf.
Studiengruppe Naturalismus, 4. April 2015, http://studiengruppe.blogspot.de/2015/04/der-deutsche-kronprinz-war-begeistert.html
- Pyta, Wolfram: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Siedler Verlag, München 2007
- Nebelin, Manfred: Ludendorff. Diktator im Ersten Weltkrieg. Siedler Verlag, München 2010
- Ludendorff, Erich: Kriegshetze und Völkermorden in den letzten 150
Jahren. Ersterscheinen 1928. Neu bearbeitet. Ludendorffs
Volkswarte-Verlag, München 1931
- Kellerhoff, Sven Felix: „Ludendorff wollte nur eine Pause - und weiterkämpfen“. In: Die Welt 05.03.2018, https://www.welt.de/geschichte/article174192890/Kriegsende-1918-Was-der-wahre-Kern-der-Dolchstoss-Legende-ist.html
- Kossert, Andreas: Damals in Ostpreußen. Der Untergang einer deutschen Provinz. 2010
- Ludendorff, Erich: Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und
Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung. Meine Lebenserinnerungen 1919 bis
1925. Ludendorffs Verlag, München 1940 (Gb)
- Ludendorff, Mathilde: Eine beachtliche Äußerung. In: Der Quell, Folge 19, 9.10.1957, S. 911 (Gb)