Freitag, 25. November 2022

Ein Vorkämpfer des Protestantismus in Riga - Hermann Samson (1579-1643)

"Minen hört man und Geschütz / täglich dumpf erdröhnen" - Im Kampf für die evangelische Freiheit 
- Einige Einblicke in das Leben der Deutschen des baltischen Adels und der Bürgerschaft des 17. Jahrhunderts in Livland und Kurland  

Teil 3: Hermann Samson (1579-1643) - Ein Vorkämper des Protestantismus in Riga

"Abfertigung
und 
Ableinung 
Der Hundert und Zwey und 
Dreissig 
Evangelischen War
heiten: 
Welche die Jesuiten boßhafftiger
weise auß meinem Buch von Lutheri/ und
der Lutherischen Praedicanten Beruff zum Lehr-
Ampt/ zusammen geraspelt/ und unter der NebelKappe
eines ungenandten Pflasterstreichers an Tag 
gegeben" 
(1617)

Einer der frühesten, bekannten Vorfahren des Verfassers dieser Zeilen war Hermann Samson (1579-1643) (Wiki), ein Vorkämpfer des Protestantismus in Riga und ein scharfer, erklärter, öffentlicher, Feind der Jesuiten. In seiner Jugend hatten die Jesuiten versucht, ihn zu kidnappen und ihn mit Zwang zu einem Ordensmitglied zu machen. Dieser Umstand wirft ein helles Licht auf die verbrecherischen Aktivitäten dieses Ordens.

Abb. 1: Hermann Samson, 1640 geadelt von Himmelstjerna (1579-1643) - Vorkämpfer des Protestantismus gegen die Jesuiten in der Hansestadt Riga

Dieser Orden ist bis in unsere Tage hinein weltweit für systematisch betriebene Pädokriminalität bekannt geblieben in so gut wie allen Schulen, die er überhaupt betreibt. Er ist dennoch in keinem all der Länder, in denen seine Verbrechen bekannt geworden sind, bis heute nicht verboten worden. Im Gegenteil, viele Jesuitenschüler besetzen einflußreiche Stellen im öffentlichen Leben und unterminieren ein klares, entschiedenes Vorgehen der Einzelstaaten gegen seine Verbrechen. Derzeit wurde sogar als Papst ein Jesuit gewählt, nach man seinen zu offensichtlich pädokriminellen Vorgänger Josef Ratzinger unseligen Angedenkens vorzeitig ablösen mußte, um ihn aus der öffentlichen Schußlinie zu nehmen, die konsequenterweise ansonsten nur vor einem staatlichen Gericht hätte enden können mit langjähriger Haftstrafe.

Im Laufe seines Lebens überschütteten die Jesuiten den genannten Vorfahren Hermann Samson mit über 400 Klagen vor Gericht. Diese Klagen bewirkten, daß er vor den polnischen König Sigismund III. Wasa nach Warschau zitierte wurde, der Jesuiten als Hofprediger und Beichtväter hatte. Diesem König waren Riga, Livland und Kurland zu jenen Zeiten untertan. Es war dies ein Begehren, dem Hermann Samson - in Abstimmung mit dem Rat von Riga - aus Sorge um Leib und Leben nicht nachgekommen ist. Aber es hat die Menschen damals sehr aufgewühlt.

Die Verfolgungen hatten endlich ein Ende, als Riga 1621 von Gustav Adolf II. von Schweden erobert worden ist und als dieser die Jesuiten aus Riga vertrieb. Hermann Samson war es denn auch, der die Begrüßungspredigt vor Gustav Adolf II. in Riga gehalten hat.

Die Vorfahren des Verfassers dieser Zeilen

Am Ende seines Lebens wurde Hermann Samson - wie damals viele verdiente Bürger der Stadt Riga - von der schwedischen Königin Christina geadelt und wurde mit Adelsgütern in Livland beschenkt. Mit seinen Kindern begründete Hermann Samson damit die weit verzweigte baltische Adelsfamilie der Samson von Himmelstjerna (Wiki). 

Eine der vier Urgroßmütter des Verfassers dieser Zeilen war eine solche geborene Samson von Himmelstjerna (Stgen2018). 

Abb. 2: Robert de la Barre (1670-1731) als Großvater von Robert Friedrich von Patkul (mitte)

Sowohl der Vater wie der Großvater dieser Urgroßmutter waren Ärzte. Ihr Vater war Leibarzt des Fürsten Pleß in Pleß in Oberschlesien. Alle seine Vorfahren gehörten seit dem 17. Jahrhundert dem baltischen Adel an. Er selbst aber heiratete eine Nichtadlige, eine Engländerin, eine geborene Morley. Die genannte Urgroßmutter des Verfassers wurde dann 1892 geboren und starb 1967 in Wien. Der Verfasser dieser Zeilen soll ihr noch in seinem ersten Lebensjahr vorgestellt worden sein.

Werfen wir einen Blick in den Stammbaum des genannten Leibarztes des Fürsten Pleß, der in direkter Linie von dem eingangs genannten Hermann Samson abstammte. Da die baltischen Adelsfamilien Jahrhunderte lang unter sich geheiratet haben, finden sich unter seinen Vorfahren Angehörige vieler namhafter baltischer Adelsfamilien, alles angesehene Familien des Landes, deren Namen einstmals viel Klang besessen hatten.

Auf eine bestimmte Familie unter den vielen Namen in diesem Stammbaum ist der Verfasser dieser Zeilen allerdings erst kürzlich aufmerksam geworden, nämlich auf die in männlicher Linie schon im 18. Jahrhundert in Livland wieder ausgestorbene Adelsfamilie de la Barre, die um 1600 aus dem calvinistischen Poitou in Westfrankreich nach Polen und von dort nach Livland zugewandert sein soll.

So war nämlich die Mutter des Leibarztes des Fürsten Pleß eine geborene von Patkul, nämlich Amalie Julie Margarethe von Pathkul (Abb. 2 und 3). Die Patkul's waren ebenfalls eine der namhaftesten deutschbaltischen Adelsfamilien. Unter den Vorfahren dieser Amalie finden sich nun neben vielen anderen namhaften Leuten zwei Brüder de la Barre, nämlich Robert Friedrich de la Barre (geb. 1670) und Friedrich Wilhelm de la Barre (geb. 1680) (Abb. 2 und 3). Ihr Großvater war nämlich Robert Friedrich von Patkul (geb. 1755). Und dessen Großvater war ein Robert Friedrich de la Barre (Abb. 2). Und dieser Robert Friedrich von Patkul war nun verheiratet mit einer Adolphine von Ungern Sternberg (geb. 1762). Und deren Großvater war Friedrich Wilhelm de la Barre (Abb. 3). Als diese beiden um 1780 heirateten haben, haben also Cousin und Cousine 2. Grades miteinander geheiratet. Denn ihre Großväter waren Brüder (s. Abb. 2 und 3).

Abb. 3: Friedrich Wilhelm de la Barre (1680-1753) als Vorfahre von Adolfine von Ungern-Sternberg (mitte rechts)

Und dieses Brüderpaar de la Barre hatte einen Großvater Wilhelm de la Barre, der Zeitgenosse von Hermann Samson war. Da sie beide viel in Riga tätig waren und bekannte Persönlichkeiten der Stadt und des Landes Livland waren, werden sie sich auch persönlich gekannt haben. Aber sie werden nicht geahnt haben, daß späterer ihrer Nachkommen einmal einander heiraten würden.

Auf den genannten Wilhelm de la Barre soll in einem späteren Beiträgen ausführlicher zurück gekommen werden, denn über sein Leben läßt sich doch allerhand Bemerkenswertes heraus finden. Ebenso auf seine Enkel, nämlich das genannte Brüderpaar de la Barre, die beide in den Diensten des Schwedenkönigs Karls XII. standen. Um aber die damaligen Zeitumstände zu verstehen, in denen dieser Wilhelm de la Barre lebte, ist es sinnvoll, einen genaueren Blick auf das Leben von Hermann Samson (1579-1643) (Wiki) zu werfen, zu dem es einen ausführlichen, lesenswerten Wikipedia-Artikel gibt, und dessen Lebensweg mehr als kennzeichnend ist.

Jesuiten beim "Seelenfang"

Dieser Hermann Samson ist wohl der geschichtlich bedeutendste unter allen Vorfahren des Verfassers dieser Zeilen. Fast alles ist bedeutsam, was über ihn auf Wikipedia berichtet wird (Wiki):

Hermann Samson besuchte die Domschule in Riga und fiel durch seine Begabung früh auf, so daß die Jesuiten auf ihn aufmerksam wurden. Weil er sich weigerte, dem Jesuitenorden beizutreten, entführten sie ihn gewaltsam, um ihn zu ihrem Alumnat, das Lyceum Hosianum, nach Braunsberg zu bringen. Er konnte jedoch unterwegs fliehen und wieder nach Riga zurückkehren.

Was für ein Geschehen! Was hier in einem Fall einmal nicht gelungen ist, könnte also in vielen anderen Fällen gelungen sein, nämlich daß begabte junge Menschen einfach in den Jesuitenorden gezwungen wurden und in diesem gehirngewaschen wurden, so daß sie in de Folgezeit als fanatische Katholiken in die Welt hinaus gesandt werden konnten, gerne unter dem Tarnmantel, daß sie weiterhin protestantisch wären. 

Erster Leiter der Jesuiten-Residenz in Dorpat war 1583 Theodor von Havkenscheid S.J. (1530-1599). Schon im nächsten Jahr wechselte er nach Riga, wo er 15 Jahre bis zu seinem Tod verblieb. Wir lesen (Honselmann 1963):

Schon 1582 hatte Antonio Possevino seinem Ordensgeneral berichtet, daß es ihm auf der Fahrt nach Riga gelungen sei, den angesehensten Edelmann von Illuxt (Kurland) zu bewegen, ihnen seinen Sohn mitzugeben und ihnen später noch zwei weitere Söhne zur Erziehung zu schicken. Überraschend ist allerdings, daß auch der lutherische Geistliche des Ortes sich erboten haben soll, seinen Sohn mitzuschicken. Sommervogel verzeichnet zwei Sendbriefe von 1596 und 1597 des Georg Mylius, Doktor der Heiligen Schrift und Professor in Jena, an die evangelischen Christen in Livland, Polen, Preußen, Litauen und Kurland, daß sie ihre Kinder nicht in die Schulen, Kollegien und Seminarien der Jesuiten schicken sollten "bey höchster jhrer selbst und jhrer Kinder Wolfart vnd Seligkeit abschew vnd Gewisse".

Das darf allerdings als "überraschend" angesehen werden. Aber überraschend dürfte ebenso sein, daß Edelleute in protestantischen Kurland ihre Söhne an die Jesuiten übergeben haben sollen. Ob man es hier nicht ebenso wieder mit Fällen von "Kidnapping" zu tun hat, so wie ein solches Mitte der 1590er Jahre auch gegenüber Hermann Samson versucht worden ist? 

Angesichts einer solchen außergewöhnlichen Gewalttat von Seiten des Jesuitenordens, die zugleich verbunden war mit verführerischen pädagogischen Angeboten wird man durchaus annehmen dürfen, daß diese Methoden von Zuckerbrot und Peitsche, ausgeübt von diesem Orden nicht nur "vereinzelt" angewandt worden sind, sondern - wie durch seine ganze Geschichte hindurch und noch bis in unsere Tage hinein: systematisch. Weshalb es keineswegs unmöglich erscheint, daß solche Methoden schon in jener Zeit in Dorpat auch an Georg Woldemar von Fahrensbach und seinem Bruder in Dorpat erprobt worden sind. Der Übertritt dieser beiden Brüder zum Katholizismus macht jedenfalls darauf aufmerksam, daß der Jesuitenorden gegenüber diese beiden inzwischen elternlosen Brüdern erfolgreicher war als gegenüber Hermann Samson. 

Das ganze spätere, außerordentlich rüde, anarchische Verhalten der Fahrensbach-Brüder, das im Auftrag des jesuitisch beratenen polnischen Königs erfolgte und deshalb immer straflos blieb, anstatt daß sie dafür - wie einige jener, mit denen sie zusammen gearbeitet hatten - hingerichtet worden wären, ihr Übertritt zum Katholizismus und ihre immer wieder erwähnte Zusammenarbeit mit den Jesuiten würde sehr gut dazu passen. Die Brüder haben sich noch rauhbeiniger und ungehobelter als die rauhbeinigsten und ungehobelsten Landsknechte jener Zeit verhalten, sie haben ihre Landsmänner immer und immer wieder mit diesem Verhalten, mit groben Beleidigungen und Gewalttätigkeiten vor den Kopf gestoßen, so daß alles das sehr genau zu einer solchen, eben geschilderten Gewalttat der Jesuiten passen würde. 

Systematische Pädokriminalität und Schwarze Pädagogik wird ja von Seiten des Jesuitenordens bis in unsere Tage hinein praktiziert. Und der Haß gegen die Jesuiten ist gerade erst deshalb in den letzten Jahren weltweit immer wieder erneut hoch geflammt, 2010 auch in Deutschland, was wir auf unserem Parallelblog ausführlich behandelt haben. Die Jesuiten haben in unseren Tagen einmal erneut all ihren außerordentlich abartigen Praktiken abgeschworen, öffentlich. Mag ihnen glauben, wer will - wir hier auf dem Blog tun das nicht. Nur allein ein weltweites Verbot dieser pädokriminellen Psychosekte und umfassende Aufklärung über diesselbe halten wir für angemessen ihr gegenüber. 

Hermann Samson (1579-1643) - Vorkämpfer gegen die Jesuiten

Wir hören weiter über Hermann Samson (Wiki):

Im August 1599 begann er ein Theologie-Studium an der Universität Rostock und hörte Vorlesungen in Griechisch und Latein bei Eilhard Lubin. Im Mai 1600 ging er an die Universität Wittenberg und wurde gleichzeitig mit Axel Oxenstierna, dem späteren schwedischen Reichskanzler, immatrikuliert.

Axel Oxenstierna sollte bis an sein Lebensende ein Freund von Hermann Samson bleiben. Oxenstjerna hat denn auch König Gustav Adolf auf Hermann Samson aufmerksam gemacht. Beide wurden am Ende ihres Lebens gemeinsam von der schwedischen Königin geadelt. Doch zurück in das Jahr 1600. Es ist das Jahr der Verbrennung von Giordano Bruno auf dem Campo fiore in Rom! Dieser hatte erst wenige Jahre zuvor in Wittenberg geweilt und sich in so begeisterten Worten über den dort herrschenden, freien deutschen Geist geäußert. In Hermann Samson zeigte er sich wahrlich (Wiki):

Er hörte Vorlesungen bei Ägidius Hunnius, Salomon Gesner und Leonhard Hutter, sowie in der Philosophie bei Jakob Martini. Im Verlauf seines Studiums erarbeitete er sich das Examen Concilii Tridentini von Martin Chemnitz so intensiv, daß er das Werk auswendig kannte. Er wurde von seinen Lehrer so geschätzt, daß er anläßlich des 66. Todestages von Martin Luther die Feierrede im Namen der Universität hielt; weiter wurde er gebeten, nach dem Tode von Salomon Gesner an dessen Stelle Predigten in der Schloßkirche zu halten. Am 25. September 1604 absolvierte er, als bester Kandidat von 32 Personen des Sommersemesters, den Magistergrad in Wittenberg.

Und weiter (Wiki):

Aufgrund der katholischen Gegenreformation in Livland kehrte er in die Heimat zurück. Riga war damals die Metropole des Baltikums und sicherte den Fortbestand der evangelischen Kirche in Livland. Während der Kalenderunruhen in Riga, in der sich eine protestantische Opposition gegen den Rat und dessen Nachgiebigkeit gegen die Forderungen des polnischen Königs und der Jesuiten gebildet hatte, das jedoch durch das Eingreifen der polnischen Regierung mit einem Sieg des Rates endete, hatte sich gezeigt, wie tief verfeindet die Bürgerschaft und der Rat waren. Der Rat, unter Führung von Bürgermeister Nicolaus Eck, stützte sich auf die polnischen Machthaber und setzte dem Vordringen der Jesuiten in Riga nur eine schwache Defensive entgegen. Die Jesuiten hatten erkannt, daß mit der Unterwerfung Rigas der Sieg der katholischen Kirche in Livland entschieden sei.
In diese Verhältnisse kehrte Hermann Samson im Sommer 1608 nach Riga zurück. Er nahm entschlossen den Kampf gegen die Jesuiten auf und hielt am 24. Juni 1608 seine erste Predigt in der Petrikirche mit dem Thema "… daß der Glaube, welchen die Lutheraner haben, der uralte katholische Glaub sey, hinwieder der Jesuiten und Bäbstlichen Glaub ein Spannewever Glaub sey." In dieser Predigt griff er die Jesuiten offen an, und ließ sie später drucken und vertreiben. Hierdurch wurde das protestantische Bewußtsein im Rat und in der Bürgerschaft gestärkt. Samson galt daher als Vorkämpfer und Verteidiger des evangelischen Glaubens, der kurz darauf in das geistliche Ministerium der Stadt aufgenommen und zum Inspektor der städtischen Schulen ernannt wurde. 1611 wurde er Oberpastor am Dom und 1616 Oberpastor zu St. Peter und damit das Oberhaupt der evangelischen Geistlichkeit in Riga. Als Inspektor der Schulen war es sein vorrangiges Ziel, sich dem Bestreben der Jesuiten, die Kinder der Bürger und Adels in ihren Schulen zu ziehen, entgegenzusetzen. Aufgrund seiner Kenntnisse in Griechisch und Latein gab er selbst Unterricht und wurde von seinen Schülern verehrt.
Die Jesuiten forderten ihn mehrmals zu öffentlichen Disputationen heraus. Allerdings war er mit ihrer Art der Polemik und ihren gewöhnlichen Argumenten vertraut und war ihnen durch seine Schlagfertigkeit, sprachliche Gewandtheit und seine Logik vollkommen gewachsen. Seitens der Jesuiten wurde Klage gegen Hermann Samson beim König Sigismund III. erhoben, der ihn durch königlichen Befehl nach Warschau zitierte. Hierauf erklärte die Stadt Riga durch ihren Syndicus Johann Ulrich in Warschau, daß sie ihren Oberhirten nicht reisen lassen würden, so daß durchgesetzt wurde, daß eine königliche Kommission nach Riga kam; vor dieser konnten die erhobenen Anklagen widerlegt werden.  

In einer biographischen Kurzdarstellung zu Hermann Samson aus dem Jahr 1777 schwingt noch viel von den damaligen Emotionen mit (Gadebuch 1777, S. 76):

Johann Ulrich, dieser würdige Syndikus der Stadt Riga, dieser Stammvater einer livländischen adeligen Familie, führte seine Sache vor dem Könige mit einer zwar tullianischen Beredsamkeit aber auch mit der äußersten Gefahr. Er trug keine Bedenken, in die Worte auszubrechen, daß seine Mitbürger lieber all ihr Blut vergießen als die rechtgläubige Religion und ihren Verteidiger verlassen wollten. Jedoch da die Not am größten war, da Samson und seine Vaterstadt verloren zu sein schien, da die Jesuiten mit Siegmunds strengsten bluttriefenden Befehlen drohten: kam Gustav Adolf und befreite Samson von den blutdürstigen Anschlägen der Jesuiten und ihrer Handlanger.

Wir erfahren weiter (Wiki):
Durch seine Auseinandersetzung mit den Jesuiten, durch seine Schriften und Predigten war Hermann Samson inzwischen in ganz Norddeutschland bekannt geworden, und erhielt Berufungen nach Rostock als Professor und Pastor, sowie nach Hamburg und nach Danzig, allerdings blieb er in Riga und lehnte alle Wünsche ab. Er wollte lieber seinen Kampf gegen die Jesuiten fortsetzen, die inzwischen immer neue Anklagen gegen ihn erhoben; zum Schluß waren es 400 Anklagen.
Im August 1621 belagerte Gustav Adolf Riga und nach einem Monat mußte sich die Stadt ergeben; die Stadtbewohner huldigten ihrem Befreier am 25. September 1621. Die Huldigungspredigt hielt Hermann Samson noch am selben Tag vor dem König in der Petrikirche. Gustav Adolf war durch Axel Oxenstierna auf Hermann Samson aufmerksam gemacht worden, und so wurde er durch Gustav Adolf zum Superintendenten von ganz Livland ernannt, mit dem Auftrag, die zerstörte Landeskirche wiederherzustellen.
1631 gründete der Rat in Riga ein Akademisches Gymnasium (1. Staatsgymnasium Riga) zur höheren Ausbildung, an dieser wurde Hermann Samson die Professur der Theologie übertragen.
Als Anerkennung seiner Verdienste wurde ihm 1638 von der schwedischen Regierung das Gut Festen in Livland geschenkt. Am 19. September 1640 wurde ihm von der Königin Christina der erbliche schwedische Adel mit dem Zusatz von Himmelstjerna verliehen.

Was für ein Leben! Und das war nur eine Nachzeichnung seines Lebens in gröbsten Zügen. Vieles ließe sich dazu wohl noch ergänzen. Im Januar 1622 schrieb beispielsweise der litauische Magnat und Calvinist Radziwill im Interesse des polnischen Königs an Hermann Samson einen langen Brief (Bienemann 1896, S. 295):

Hier bot er alle Künste der Überredung auf, um Samson zu veranlassen, der Führer eines Unternehmens zu werden, das durch plötzlichen Handstreich Riga wieder in polnische Hände bringen sollte, um sich selbst als den besten Freund der Stadt zu empfehlen. 

Damit sollte Radziwill nicht zum Ziel kommen. Merkwürdig überhaupt, daß er den Versuch machte. Um 1840 sollte ein Nachfahre von Hermann Samson eine Nachfahrin des Zeitgenossen von Hermann Samson, des Generalmajors Wilhelm de la Barre heiraten.

Willkürlich heraus gegriffen - Weitere Angehörige baltischer Adelsfamilien und ihre Schicksale

Von den vielen deutschbaltischen Adelsfamilien, die sich in diesem Stammbaum des Leibarztes des Fürsten Pleß sonst finden, seien genannt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit: von Müller, von Maydell, von Taube von der Issen, von Liphardt, von Tiesenhausen, von Dunten, von Richter, von Oettingen, von Rennenkamp, von Pfeil, von Drenteln, von Knorring, von Ramm, von Aderkas, von Schlippenbach, von Buddenbrock, von Wrangel, de la Barre, von Uexküll Güldenband, Staël von Holstein (Wiki), von Ungern Sternberg, von Ramm, von Kloberg. Wo man in diesem Stammbaum hinschaut, findet man sehr schnell sehr interessante, spannende und recherchierbare Geschichten. 

Nur ganz willkürlich sei noch herausgegriffen etwa die Rigaer Kaufmannsfamilie Dunte, die unter anderem Seidenhändler waren. Sie wurde 1653 geadelt, weil sie dem Schwedenkönig Gustav Adolf II. Geld geliehen hatte (Dunte/pdf).

Wie dieser deutschbaltische Adel überhaupt sehr stark davon mitgeprägt ist, daß die Schwedenkönige Gustav Adolf II. und Karl XII. Livland erobert und für den Protestantismus in vielen Kriegszügen gesichert haben. Viele der Vorfahren in diesem Stammbaum der Himmelstjerna waren ursprünglich Bürgerliche, die im 17. Jahrhundert durch das schwedische Königshaus geadelt wurden, auf Gütern in Livland oder Kurland ansässig wurden und in den einheimischen Adel einheirateten.

Aber es waren - wie schon in dem Eingangszitat erkennbar - wüste Zeiten und es gab immer wieder auch Angehörige unter diesem Adel, die als Vorkämpfer für die landständische Freiheit und Selbstständigkeit Livlands oder schlicht als Verräter - je nach dem! - hingerichtet worden sind. Bekannt und berüchtigt sind dieserhalben etwa der jesuitische Geheimagent Georg Wolmar von Fahrensbach (1586-1633) (Wiki), hingerichtet 1633 auf dem Marktplatz in Regensburg von wütenden Befehlshabern des kaiserlichen Heeres. Seine Hinrichtung war katholischerseits aus Versehen geschehen. Ein Tag später war die Begnadigung von Kaiser Ferdinand II. eingangen. 

Ein anderer Fall ist Johann Reinhold von Patkul (1660-1707) (Wiki, lett), Todfeind Karls XII., der schließlich auf Befehl des letzteren in Sachsen gerädert und gevierteilt wurde. Dieser Johann Reinhold von Patkul war ein Halbbruder eines direkten Vorfahren des Verfassers dieser Zeilen. Der Vater des Johann Reinhold von Patkul war zwei mal verheiratet. Der geräderte von Patkul stammte aus erster Ehe, der Halbbruder, von dem der Verfasser dieser Zeilen abstammt, aus zweiter Ehe (mit Gertrud von Holstfer). Die Familie von Patkul (Wiki) insgesamt jedenfalls ist seit 1335 in Livland bezeugt. Vielleicht repräsentiert sie noch jene Teile des Adels, die auf den vorchristlichen Adel Livlands zurückgehen.

Wiederum ein anderer Fall ist Thomas Ramm (gest. 1631) (Wiki). Der Vater dieses Thomas Ramm war Münzmeister in der Stadt Riga in dritter Generation (Wiki):

Als Bürgermeister leitete Ramm 1621 die Verteidigung während der schwedischen Belagerung und die Unterhandlungen mit König Gustav II. Adolph über Rigas Unterwerfung. Bürgermeister blieb er bis 1631. Wegen seiner der schwedischen Krone geleisteten Dienste bekam Ramm 1622 die Güter Padis und Wichterpal doniert und wurde 1624 in den schwedischen Adelstand gehoben.

Auch die von ihm begründete Adelsfamilie von Ramm findet sich unter den Vorfahren des Verfassers dieser Zeilen. 

Und noch ein weiterer Fall ist der oben schon benannte Syndikus im Rat von Riga und der späterer Bürgermeister von Riga Johann Ulrich (gest. 1642), der sich so sehr in Warschau vor dem König für Hermann Samson und die religiösen Freiheiten der Stadt Riga eingesetzt hat (Gadebusch 1777, S. 76). Auf diesen Ulrich stößt man in unterschiedlichen Zusammenhängen wenn man sich mit der Geschichte der Stadt Riga in jener Zeit beschäftigt. Johann Ulrich wurde 1624 von Gustav Adolf II. geadelt und begründete ebenfalls eine baltische Adelsfamilie. Über ihn wird anderwärts berichtet (Böthführ 1877, S. 166):

Johann Ulrich, Erbherr zu Rujel. 1613 Syndicus. 1622 Bürgermeister. 1625 königlicher Burggraf, auch Präses des Consistoriums. Vor seinem Eintritt in den Dienst des Rates war er zehn Jahre lang fürstlich kurländischer Sekretär und Rat gewesen. In den Jahren 1618 und 1620 war er Gesandter der Stadt auf den Reichtagen zu Warschau und 1622 zugleich mit Gotthard Willing auf dem Reichstage zu Stockholm. Hier erfreuten sich die Rigischen Abgesandten, welche zum ersten Male den schwedischen Reichstag besuchten, eines ausgezeichneten Empfanges. Sie (...) erhielten mehrmals bei dem Könige Gustav Adolph eine Privataudienz und nahmen auf der Reichsversammlung unter den Städten die zweite Stelle unmittelbar nach der Residenz ein. Namentlich wurde Ulrich von dem Könige ausgezeichnet, auch von ihm zur Tafel gezogen. Auf dem Reichstage führte Ulrich (...) die Rigische Gesandtschaft ein, auf welche der Kanzler Oxenstierna antwortete. (...) Im Jahre 1624 wurde Ulrich vom König Gustav Adolph in den Adelstand erhoben. (...) 1632 erwarb er die Güter Rewold und Ucht.

Damit sind ein paar wenige Ausschnitte aus dem Ringen Riga's um die evangelische Freiheit genannt. Weitere Ausschnitte sollen in den nächsten Beiträgen behandelt werden.

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  1. Friedrich Konrad Gadebusch: Herman Samson. In: Livländische Bibliothek. Nach alphabetischer Ordnung. J. F. Hartknoch, Riga 1777 (GB)
  2. Bienemann jun., Dr. Fr.: Zur Geschichte der Kritik der hist.-polit. Schrift "Von der Eroberung der Stadt Riga 1621". In: Mitteilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands, Band 16, Riga 1896 (GB), S. 262-320 
  3. Heinrich Julius Böthführ: Die Rigische Rathslinie von 1226 bis 1876: nebst einem Anhang, Verzeichniss der Aeltermänner, Aeltesten und Dockmänner der grossen Gilde in Riga von 1844 bis 1876.  2. vollst. umgearbeitete Auflage. Verlag von Deubner, Riga u.a. 1877 (GB), erneut H. v. Hirschheydt, 1969 
  4. Honselmann, Wilhelm: Theodor von Havkenscheid S. J. (1530-99). In: Westfälische Zeitschrift, Bände 112-113, 1962; erneut in: Blätter für deutsche Landesgeschichte, Band 99, 1963, S. 343 (pdf

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