Mittwoch, 20. Oktober 2021

Ein Maler märkischer Landschaften

Theo von Brockhusen

"Havellandschaft".

Abb. 1: "Havellandschaft", 1910 (Ostdeutsche Galerie, Regensburg) (Mei)

Ein Gemälde aus dem Jahr 1910. 

Es fällt ins Auge. 

Von wem stammt es? 

Theo von Brockhusen (1882-1919) (Wiki, Biogr, Meisterdrucke) lautet der Name des Malers.

von Brockhusen stammte aus Masuren in Ostpreußen. Er hatte Kunst in Königsberg studiert. Seit 1904 lebte er in Berlin, hielt sich gerne in Badeorten in Belgien auf (Kokke), während des Ersten Weltkrieges hielt er sich auch gern in Niederschlesien auf (Kaiserwaldau), er bereiste Frankreich und Italien. Aber zu den häufigsten Motiven seiner Kunst zählte die Landschaft der Mark Brandenburg, die Landschaft der Werder'schen Baumblüte, sowie rund um den Schwielowsee und die Havel bei Potsdam, die Landschaft rund um das märkische Bauerndorf Langen bei Neuruppin, die Landschaft bei Seelow am Oderbruch.

Abb. 2: Blühende Bäume, 1910 (Kett) (Werdersche Baumblüte)

Wir erfahren (Biogr,):

In den Jahren 1905-1909 hielt sich der Theo v. Brockhusen wiederholt in Langen auf, wo sein Vetter, der Kgl. Preuß. Hauptmann Eberhard Friedrich Hermann von Brockhusen (geb. Neuruppin 3.9.1869, verst. Langen 5.3.1939) lebte. Dieser hatte in Seelow am 22.10.1895 Johanna Else Auguste Gertrud Bothe (geb. Seelow 17.9.1871, verst. Langen 8.5.1945) geheiratet, die Schwester von Theo v. Brockhusens späterer Frau Hildegard, geb. Bothe. 

Eberhard von Brockhusen war ein Förderer der ariosophischen List-Gesellschaft. Ihr 70-jähriger Gründer Guido von List (1848-1919) wollte von Brockhusen im Frühjahr 1919 von Öserreich aus besuchen. Er starb aber während der Anreise in Berlin am 17. Mai 1919, vier Wochen nach Theo von Brockhusen, der am 20. April 1919 in Charlottenburg gestorben ist.

Abb. 3: Blick vom Franzensberg, 1909 (Kett) (am Schwielowsee bei Potsdam)

Titel der in Langen entstandenen Gemälde lauten "Ansicht von Langen" (1905), "Märkische Dorfstraße im Sonnenlicht" (1905), "Straße mit Bäumen" (1905), "Dorfstraße" (1905), "Im Park" (1905) (Gutshaus in Langen).

Abb. 4: Dampferbrücke an der Havel, 1908 (Mei)

Titel späterer Werke lauteten "Blick vom Franzensberg" (1909) (am Schwielowsee bei Potsdam), "Blühende Bäume" (1910) (Baumblüte in Werder), "Vor dem Gutshof Seelow" (1910), "Havelsee" (1912), "Dorfstraße (Märkische Landschaft)" (1913), "Blick auf Geltow am Schwielowsee".

Abb. 5: Straße mit Bäumen, 1905 (Ket) (wohl Dorfstraße von Langen bei Neuruppin)

von Brockhusen kann uns darauf aufmerksam machen, welche eine Poesie in der Dorfstraße eines "gewöhnlichen" märkischen Bauern- und Straßendorfes gefunden werden kann. 

Wie sehr der Künstler doch in der Lage ist, uns einen völlig neuen Blick auf eine vertraute Welt werfen zu lassen.

Abb. 6: Havellandschaft, 1914 (Mei)

Theo von Brockhusen starb am 20. April 1919 in Berlin an einer Lungenerkrankung. Er wurde nur 37 Jahre alt (Lemp.). Ob es sich dabei um die Spanische Grippe handelte? Angesichs des noch jungen Lebensalters und angesichs des Jahres 1919 wäre dies mehr als naheliegend.

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  1. Martin Möllhoff-Mylius: Theo und Marie v. Brockhusen, Dez. 2020, http://www.stueler-kirche-langen.de/pages/persoenlichkeiten/theo-v.-brockhusen.php

Mittwoch, 28. Juli 2021

Die Karschin bei Friedrich dem Großen - 1763

Anna Louisa Karsch, geborene Dürbach, genannt die Karschin (1722-1791) (Wiki) war eine deutsche Schriftstellerin aus Schlesien. In zwei Ehen hat sie sieben Kinder zur Welt gebracht, hatte aber in beiden Unglück mit ihrem Ehemann. Nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 schrieb sie Lobeshymnen auf den preußischen König Friedrich II., die durch Flugschriften im ganzen Land bekannt wurden. Ab 1761 wurde sie zu literarischen Salons in Berlin eingeladen (Wiki):

Ihre Dichtkunst wurde von Lessing, Johann Georg Sulzer, Karl Wilhelm Ramler und Moses Mendelssohn gefördert. Johann Wilhelm Ludwig Gleim erklärte sie zur deutschen Sappho. (...) Sie verkehrte am Hof der von ihrem Gatten Friedrich dem Großen getrennt lebenden Königin Elisabeth Christine von Preußen (...) und pflegte engen Kontakt mit Prinz Ferdinand von Braunschweig, Graf Heinrich Ernst zu Stolberg-Wernigerode und Graf Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode. Sie schrieb Texte für Amalie von Preußen, die Äbtissin von Quedlinburg, die diese vertonte. 1789 vertonte Carl Philipp Emanuel Bach ihre Passionskantate (...). Daniel Chodowiecki unterstützte sie (...) mit der Gestaltung von Miniaturbildnissen.

Von dieser Schriftstellerin gibt es nun einen Bericht über ihren Besuch bei Friedrich dem Großen im Jahr 1763.



Nun aber trat er herein!
Ist Sie die Poetin?
Ja! Ihro Majestädt! Man nennt mich so!
Sie ist doch aus Schlesien?
Ja! Ihro Majestät!
Wer war ihr Vater?
Er war ein brauer auß Schweidnitz, beym weinreichen Grünberg!
Auß Schweidnitz? Gehört das nicht den Geistlichen?
Bey Lebzeiten meines Vaters war ein herr von Köselitz der Eigenthümer!
Aber, wo ist Sie gebohren?
Auf einer Meyerey, wie horatz eine gehabt hat.
Sie hatte, sagt man, niemals Unterweisung?
Niemals, Ihro Majestät! Meine Erziehung war die schlechteste!
Durch wen aber ward Sie eine Poetin? Durch die Natur, und durch die Siege von Ew. Majestät!
Wer aber lehrte sie die Regeln?
Ich weiß von keinen Regeln!
Von keinen Regeln? Das ist nicht möglich! Sie muß doch das Metrum wissen!
Ja! Ihro Majestät! aber ich beobachte das Metrum nach dem Gehör, und weiß ihm keinen Nahmen zu geben!
Wie denn kommt Sie mit der Sprache zurecht, wenn sie sie nicht lernte?
Meine Muttersprache hab ich so ziemlich in meiner Gewalt!
Das glaub ich, was die Feinheit betrift, wie aber stehts mit der Gramatik?
Von der hab ich die Gnade Ew. Majestät zu versichern, daß ich nur kleine Fehler mache!
Man muß aber gar keine machen! (Er lächelte.)
Was ließt Sie denn?
Plutarchs Lebensbeschreibungen!
Nicht auch Poeten?
Ja, Ihro Majestät, zuweilen auch Dichter, den Gellert, den haller, den Kleist, den Uz und alle unsre deutschen Dichter!
Aber ließt sie nicht auch die alten Dichter?
Ich kenne ja nicht die Sprache der Alten!
Man hat doch Übersetzungen!
Ein Paar Gesänge homers von Bodmer übersetzt, und den horatz von Lange laß ich


Also den horatz! Hat Sie auch einen Mann?
Ja! Ihro Majestät! aber er ist von Ihren Fahnen entlaufen, irrt in Polen umher, will wieder heyrathen, und bittet mich um die Scheidung, die ich ihm verwillige, denn er versorgt mich nicht!
Hat Sie Kinder von ihm? Eine Tochter!
Wo ist die? Zu Berlin! Hoffrath Stahl bezahlt für sie.
Ist sie schön?
Mittelmäßig, Ihro Majestät! Sie hat keine schöne Mutter gehabt!
Diese Mutter war doch wohl einmahl schön!
Ich bitte unterthänig um Vergebung! Sie war niemals schön! Die Natur vergaß den äußern Putz an ihr!
Wie wohnt Sie denn?
O, Ihro Majestät! Sehr schlecht! Ich kann kein Haus bekommen in Berlin, und, um Ew. Majestät eine Idee zu machen von meiner Wohnung, muß ich bitten, eine Cammer in der Bastilje zu Paris sich zu denken!
Aber, wo wohnt sie denn?
Im alten Consistorium, drey Treppen hoch, unterm Dach!
Wovon lebt Sie?
Von Geschenken meiner Freunde! hoffrath Stahl giebt mir sehr oft zu eßen!
Wenn Sie lieder in Drukk giebt, was giebt man ihr für den Bogen?
Nicht viel, Ihro Majestät! ich ließ acht Lieder auf Ihre Triumphe drukken 
- Was gab man Ihr?
Nur zwanzig Thaler.
Zwanzig Thaler? In Wahrheit! Davon lebt man nicht lange! Ich will schon sehen, will sorgen für Sie! Mit diesen Worten entließ mich der König! Ich taumelte den Saal hinaus, General Lentulus begegnete mir, ich weiß nicht, was ich ihm sagte.
Man liest auf Wikipedia, daß Friedrich der Große aufgrund des langen Krieges ihr keine große Summe bewilligen konnte für ihren Lebensunterhalt. Ein kleiner Ausschnitt zu der Art, wie Friedrich der Große mit den "einfacheren" Menschen seiner Zeit zu reden pflegte.
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  1. Herybert Menzel: Die Karschin, https://portal.dnb.de/bookviewer/view/1128735032#page/n0/mode/1up.

Donnerstag, 17. Juni 2021

Blonde Menschen in Pommern - Ab 3.000 v. Ztr.

Ein Ganggrab der Kugelamphoren-Kultur

Das Dorf Kerschkow in Pommern (Wiki) (poln. Kierzkowo) liegt 23 Kilometer östlich des Ostseebades Leba, 137 Kilometer östlich vom Ostseebad Neuwasser in Pommern (1), 75 Kilometer östlich von Stolp in Pommern und 40 Kilometer westlich der Halbinsel Hela in der Danziger Bucht (GMaps). Das Dorf liegt fünf Kilometer vom Ostseestrand entfernt. Hier haben polnische Archäologen der Universität Posen auf einem Hügel am Kerschkower See ein 35 Meter langes Gangrab ausgegraben, das in die Zeit 3.000 bis 2.800 v. Ztr. datiert wird. Es ist das die Zeit, als die Siedlung von einheimischen Jägern und Fischern in Neuwasser in Pommern aufgegeben wird (1). Von solchen Gangräbern sind inzwischen mehrere in Pommern und Westpreußen erforscht worden (Wiki):

Die meisten der (...) Ganggräber liegen in trapezoiden Einfassungen und sind auf Nordkujawien konzentriert. Sie sind mit Stein- und Erdhügeln bedeckt und werden der Kugelamphorenkultur zugerechnet, die in ihrem Verbreitungsgebiet westlich der Oder allerdings durch den Bau von Steinkisten bekannt wurde. Ein Ganggrab könnte auch die stark gestörte „Stelle 27“ auf dem Gräberfeld von Łupawa (Ort und Fluß) in Pommern sein. Untersucht wurden bisher nur die Anlagen von "Strzelce Dolne" (dt. Nieder Strelitz, in der Woiwodschaft Bydgoszcz), wo sich zwei Ganggräber in einer Einfassung finden und Kierzkowo (dt. Kerschkow, in der Woiwodschaft Kujawsko-Pomorskie).

Insgesamt konnten zwei Frauen und sechs männliche Individuen unter den sehr unzusammenhängend und kleinteilig aufgefundenen Knochenresten identifiziert werden (2). Es fanden sich unter anderem die Knochen von zwei 50 bis 60 Jahre alten Schwestern, sowie jeweils einer ihrer Söhne, die beide höchstens 20 Jahre alt geworden waren, sowie einer der Väter dieser Söhne. Drei der Begrabenen hatten blaue Augen, helle, braune bis blonde Haare und helle Haut (2). Gene für davon abweichende phänotypische Merkmale wurden in diesem Grab nicht gefunden.

Abb. 1: Das 35 Meter lange Ganggrab bei Kerschkow am Kerschkower See in Pommern (aus: 2)

Man mag dieses Forschungsergebnis erstaunlich finden. Denn mehrheitlich waren diese Menschen ja immer noch anatolisch-neolithischer Herkunft. Und sie sollen außerdem - nach Studien bis 2017 - 25 % Herkunftsanteil westeuropäischer Jäger und Sammler aufgewiesen haben (3). Beide Herkunftsgruppen wiesen - nach bisherigen archäogenetischen Erkenntnissen - mehrheitlich andere phänotypische Merkmale auf. Diese neue Studie macht keine Angaben zu diesen Herkunftsanteilen (2).

Abb. 2: Das 35 Meter lange Ganggrab bei Kerschkow am Kerschkower See in Pommern (aus: 2)

Die hier Bestatteten konnten als Erwachsene rohe Milch nicht verdauen, obwohl es viele Hinweise darauf gibt, daß sie Milchprodukte konsumierten (2). Diesen Umstand findet man ja inzwischen für viele archäologische Kulturen. Der Anteil der Menschen, die die angeborene Fähigkeit besitzen, als Erwachsene rohe Milch verdauen können, hat erst während der Bronze- und Eisenzeit in Europa zugenommen (4). Die Menschen haben also zuvor vor allem Milchprodukte verzehrt in Form von Jogurth und Käse. Das ist leichter zu verdauen als rohe Milch.

Für die Zeit ab 2.800 v. Ztr. hat man an der Oberen Weichsel schon vor zwei Jahren Hinweise für gewaltsame Auseinandersetzungen in der Kugelamphoren-Kultur gefunden (5). 

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  1. Bading, I.: Ostseehandelsschiffahrt lange vor dem Ackerbau - Ein ausgestorbenes Fischervolk in Pommern 5.000 bis 3.000 v. Ztr. - Ausgrabungen in Neuwasser in Hinterpommern seit 2003, https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/07/ostsee-handels-schifffahrt-lange-vor.html
  2. S Vai, MA Diroma, C Cannariato, A Budnik, M Lari, David Caramelli, Elena Pilli: How a Paleogenomic Approach Can Provide Details on Bioarchaeological Reconstruction: A Case Study from the Globular Amphorae Culture. In: Genes, 2021, 12, 910. https://doi.org/10.3390/genes12060910
  3. Bading, Ingo: 2017, https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/11/kossinna-lacht-er-lacht-und-lacht-und.html
  4. Bading, Ingo:  "Polygenetische Risiko-Faktoren" vor 1.000 Jahren - Die Nachfahren der Wikinger blieben sich genetisch gleich in Skandinavien bist heute, 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/07/polygenetische-risiko-faktoren-vor-1000.html
  5. Bading, I.: 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/05/2800-v-ztr-die-einheimischen-bauern.html 

Dienstag, 16. März 2021

Bilder unserer Heimat


Das Städtchen Zehdenick an der Havel und das Dorf Badingen im Landkreis Oberhavel, kleines Video-Portrait zweier Ortschaften.